Benutzer:Lilablauewolke/Anämie

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Eine Anämie (umgangssprachlich Blutarmut) besteht, wenn die Hämoglobinkonzentration (Hb) oder der Hämatokrit (HKT) verringert ist[1]. Die folgenden grenzwerte gelten für nicht schwangere Menschen

Normwerte zur Diagnostik einer Anämie
Hb < 12,3 g/dl (< 7,6 mmol/l) < 14,0 g/dl (< 8,7 mmol/l)
Kkt < 37 % < 42 %

Sie ist in der Schwangerschaft in einem bestimmten Rahmen physiologisch. Der Hb verringert sich auf 11-12g/dl wegen einer Erhöhung des Blutplasmavolumens. Eine relative Verdünnung entsteht besonders in der zweiten Schwangerschaftshälfte.

Epidemiologie

Nach Geschlecht: 5:1 Frauen:Männer

Eisenmangelanämie ist mit 80% die häufigste aller Anämieformen.

Vorkommen: Schwangerschaftsanämie in den westlichen Industrienationen 10–15%, in den Entwicklungsländern bis zu 75%

Arten der Anämie

Anämien lassen sich am einfachsten mithilfe von laborchemischen Parametern einteilen. Dazu verwendet man den MCH (mittlerer Hämoglobingehalt der Erythrozyten) und das MCV (mittleres Volumen der Erythrozyten). Sie bilden zusammen den Erythrozytenindex.[1]

Auflistung von Anämien nach Ätiologie:

Eisenmangelanämie: niedriger soz.-ökon.-Status, schlechte Essgewohnheiten, Alkoholismus

Schwangerschaftsspezifisch im Rahmen von HELLP (Hämolyse)

Auswahl der vielfältigen Ursachen:

-    Schwangerschaft: Um den Mehrbedarf abzudecken Erys + 25%, dafür 3-fach erhöhte Eisenresorption aus dem Darm  das im Körper vorhanden Depoteisen (Ferritin) (in Leber, Milz und Knochenmark) wird aufgebraucht.

-    Eisenmangel nahrungsbedingt  Störung der Hb-Bildung

-    Folsäuremangel, Vitamin-B12-Mangel

-    Erbkrankheiten: Thalassämie (auch Mittelmeeranämie, da vorwiegend im Mittelmeerraum und in Vorderasien), Sichelzellanämie (Verformung der Erythrozyten durch die niedrige Sauerstoffspannung)

-    innere Blutungen (chronisch oder akut)

-    Parasitose (möglicher Befall mit Parasiten, besonders nach Fernreisen), Infektionen, z.B. HIV

-    chronische Niereninsuffizienz (renale Anämie)

Eisenmangelanämie

Man kann eine Eisenmangelanämie in drei verschiedene Stadien einteilen

1.    Eisenmangel: Verminderung des Gesamtkörpereisens

2.    Eisendefizitäre Erythropoese (funktioneller Eisenmangel): Minderversorgung der Erythrozytenvorläufer im Knochenmark bei noch normwertigen Hämoglobinwerten

3.    Eisenmangelanämie: Anämie aufgrund eines verminderten Gesamtkörpereisens, (des Hämatokrits auf %3C33% oder der Erythrozytenzahl)

Grenzwerte der Hb-Konzentration

-    MuschRL <11,2g/dl. Abhängig vom Trimenon gibt es noch eine feinere Unterteilung.

-    WHO: 11g/dl

-    Risikoschwangerschaft ab <10g/dl

Diagnostik

Symptome

Schwindel, starke Müdigkeit, Kopfschmerz, Tinnitus, Ohrenrauschen, Schweißausbrüche, Dyspnoe, Tachykardie, Rhagaden und Aphthen der Mundwinkel und Brennen der Zungen-, Mund- und Speiseröhrenschleimhaut, Blässe, blasse Mundschleim- und Bindehäute, bläuliche Extremitäten

Serologie

Bei Erstuntersuchung oder ab dem sechsten Monat bei der Hb-Bestimmung (Ref.: % 11,2g/dl) Wenn der Wert geringer ist als physiologisch, sollte eine Erythrozytenzählung erfolgen. Eine Risikoschwangerschaft besteht ab einem Hb unter <10g/dl.  

Ausführliche Anamnese (v.A. Familienanamnese), Außerdem CRP und genauere Erythrozyten-Analyse wenn v.A. auf eine andere als Eisenmangelanämie

Ferritin fällt zuerst (<12µg/l (Ref.: 12-300µg/l)), dann das Eisen. Hb ↓ ist Spätzeichen

Folgen

häufige Infekte. Antriebsarmut und Atemnot bei geringer körperlichen Belastung Spröde, trockene Haut, brüchige Nägel. Reduzierte Wundheilungstendenz, erhöhte Gestosegefahr (naja…Zirkelschluss?), eine Schockgefährdung bei Blutungen unter bzw. nach der Geburt

Bei ausgeprägter Anämie ist auch die fetoplazentare Versorgung gefährdet, was sich in Wachtumsrestriktionen, Früh- und Fehlgeburten äußert. Eine fetale Anämie aufgrund eines mütterlichen Eisenmangels kommt jedoch praktisch nicht vor, da der transplazentare Eisentransport äußerst effektiv ist.

Therapie:

Je nach Ursache!

Eisenmangelanämie (am häufigsten!):

Diätetisch

ein niedriger Hb-Wert normalisiert sich bei einer ausgewogenen Ernährung

    genügend frisches Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Fleisch, wichtig eine Ausreichende Vitamin C Versorgung

Lebensmittel mit hohem Eisengehalt:

-    Rindfleisch, Roastbeef, Bündnerfleisch, Schweineleber, Blut- und Leberwurst

-    RoggenVK-brot, Haferflocken, Hirse, Grünkern, Dinkel und Weizenkleie. Para-, Haselnüsse, Mandeln, getrocknete Aprikosen, Feigen, Sojabohnen, Feldsalat, Rohkost (Karotten, Rote Bete etc.)

Vit.C, Vit.B12 und Folsäure fördern die Eisenresorption aus der Nahrung:

-    Vitamin C (Zitrone, Orange, Kiwi, Hagebutten-, Sanddorn- oder schwerzem Johannisbeersaft, Kohl)

-    Vitamin B12 (Fleisch, Fisch und Milchprodukte)

-    Folsäure (VK-Produkte, Weizenkleie, Kartoffeln, Avocados, Bananen, Sesam, SoBluKerne, Erd- und Walnüsse)

Kaffee, schwarzer Tee und Alkohol behindern Eisenaufnahme aus der Nahrung (Milch ebenfalls?)

Bei Eisensupplementierung: vorher über Nebenwirkungen aufklären und ggf. andere Behandlungsoptionen wie Kräuterblutsaft oder Rübensirup (3-Mal täglich 1 Teelöffel). Wenn sie eingenommen werden, zusammen mit Vitamin C keine Milch oder Kaffee. Idealerweise Einnahme eine halbe Stunde vor dem Essen

Medikamentös

Schwerpunkt schreibt:

Referenzwerte:

   Gynäkologie Hb <12mg/dl

   Schwangerschaft 1./3. Trimenon Hb <11g/dl

   Schwangerschaft 2. Trimenon Hb 10,5mg/dl

   Post Partum Hb <10mg/dl

Eisenpräparate (100 mg Eisensulfat 2× tgl.). Das Überangebot an Eisen(II)-sulfat, kann zu Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, anhaltende Obstipation führen.

 nur für Frauen mit Beschwerden wie starke Müdigkeit, Schwindel und geringe Belastbarkeit.

Nebenwirkungen kann begegnet werden, indem das Präparat zu den Mahlzeiten oder nur 1× tgl. eingenommen wird. Bei unzureichender Betreuung und Aufklärung beenden viele Patientinnen die Therapie aufgrund der Nebenwirkungen oder stellen auf ein nicht rezeptpflichtiges Eisengluconat-Präparat um. Solche enthalten jedoch nur einen Bruchteil der Eisenmenge anderer oraler Zubereitungen und haben damit ein nur vermeintlich besseres Nebenwirkungsprofi (Gyn & Geburtsh.)

[Einfluss der Höhe auf die Eisenaufnahme bei Frauen mit Eisenmangel](https://ichgcp.net/de/clinical-trials-registry/NCT05500014)

[Ernährung bei Eisenmangel](https://www.blutspende.ch/de/magazin/ernaehrung-bei-eisenmangel)

[Einheitliche Handlungsempfehlungen für die Schwangerschaft](https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/bevoelkerungsgruppen/schwangere-stillende/handlungsempfehlungen-zur-ernaehrung-in-der-schwangerschaft/#c7082)

[BfArM Charakterisierung von Lebensmitteln für besondere medizini-  

sche Zwecke (bilanzierten Diäten)](https://www.bfarm.de/SharedDocs/Downloads/DE/Arzneimittel/Zulassung/ZulRelThemen/abgrenzung/Positionspapier.pdf?__blob=publicationFile)

  1. 1,0 1,1 Matzdorff A, Duckert M, Fritze D. Erkrankungen der Erythrozyten. In: Arastéh K, Baenkler H, Bieber C, Brandt R, Chatterjee T, Dill T, Ditting T, Duckert M, Eich W et al., Hrsg. Duale Reihe Innere Medizin. 4., überarbeitete Auflage. Stuttgart: Thieme; 2018.